Epistolario de Francisco Ayala

16/11/1969

DESTINATARIO: Ayala, Francisco REMITENTE: Brandenberger, Erna

FECHA
16/11/1969
REMITENTE
Erna Brandenberger
DESTINATARIOS/AS
Francisco Ayala
DESTINO
University of Chicago
ORIGEN
Madrid
FICHA DESCRIPTIVA

[Carta mecanografiada]

DEPÓSITO DEL ORIGINAL
Kantonsbibliothek Vadiana, St. Gallen (Suiza)

Carta de Erna Brandenberger a Francisco Ayala (16/11/1969)

Madrid, 16. Nov. 69

z.Zt. Casa Carmina Rodriguez

Alcalá, 124, buzón 9

Madrid 9

Sr. D. Francisco Ayala

University of Chigago

Illinois U.S.A.

Verehrter Freund,

Jemandem muss ich heute deutsch schreiben können, wie verwirrt ich bin: eben haben wir Ignacio Aldecoa beerdigt, und ich kann es noch nicht glauben, dass ich nie mehr zu ihm gehen kann, wenn ich einen Rat brauche für meine Kurzgeschichten-Dissertation. Vor 14 Tagen bin ich nach Madrid gekommen, um hier meine Arbeit fertig zu schreiben, und ich werde etwa bis im März bleiben. Am Dienstag war ich bei Ignacio zu Hause, ich habe ihm meine Disposition vorgelegt, und wir haben lange geredet. Wer hätte gedacht, dass es das letztemal sei! Ohne ihn fühle ich mich unsicher und verwaist, denn wo ich auch suche in den Bibliotheken, über die Kurzgeschichte finde ich nirgends etwas geschrieben. So bin ich ganz auf das Gespräch mit den Autoren angewiesen, wenn ich nicht allzu viel Unsinn schreiben will.

Und dies wäre nun main Wunsch an Sie: Wären Sie so freundlich, mir zuhanden meiner Arbeit in einigen Zeilen (oder eine halbe Seite oder mehr) Ihre persönliche Auffassung von der Kurzgeschichte aufzuschreiben, was ist das Besondere, das Eigentümliche an der Kurzgeschichte, worin liegt der Reiz. Kurzgeschichten zu schreiben, verlangt sie eine spezifische Erzähltechnik? Ich möchte Sie nicht mit allzu vielen und allzu konkreten Fragen einengen. - Was ich beabsichtige, ist, 10 - 15 Autoren zu bitten, mir ihre Auffassung niederzuschreiben, und ich werde sie wörtlich und vollständig mit Namen und Datum in meine Arbeit übernehmen. Ich bin überzeugt, dass die Antworten (sofern ich genügend Antworten bekomme) sehr unterschiedlich, vielleicht sogar widerspürchlich sein werden, und ich hoffe, dass ich damit die grosse Variationsbreite der Gattung aufzeigen kann.

Ich hatte schon lange die Absicht, Ihnen für die beiden Separata ('Fragancia de jazmines' und 'Dos viñetas') sowie Ihren Vortrag über "El fondo sociológico en mis novelas' zu danken. Ich habe mich sehr gefreut darüber und habe die beiden Geschichten mit grossem Genuss gelesen. Beide sind bewundernswert reich. Aus Ihrem Vortrag werde ich sicher einiges für Zitate herauspicken! Für den Verlag Langewiesche-Brandt in München habe ich eine zweisprachige Anthologie zusammenstellen dürfen, und da es sehr kurze Geschichten sein müssen, habe ich 'Fragancia....' vorgeschlagen. Wenn Sie einverstanden sind.....

Gestern habe ich mit Arturo del Hoyo über Kurzgeschichten geredet, und er hat mir den Band Ihrer gesammelten Werke gezeigt. Ich freue mich sehr darüber und gratuliere Ihnen dazu. Aber er hat mir gleich gesagt, er dürfe keinen Band aus dem Haus geben...! Ich habe darin geblättert und gesehen, dass am Schluss noch eine ganze Reihe Geschichten stehen, die ich noch nicht kenne. Falls Sie von der einen oder andern einen Separatdruck haben, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie mir ein Exemplar schicken könnten. Und am meisten würde ich mich natürlich freuen, wenn Sie selber kämen, solange ich in Madrid bin, die Möglichkeit oder Absicht zu einem Besuch hat mir Arturo del Hoyo angedeutet.

Mit herzlichen Grüssen, die mal aus Spanien